Bericht in der Tagespost vom 14.12.2020

Droht ein Kreuz-Verbot an Wiener Schulen?
Wiens Vizebürgermeister will alle religiösen Zeichen an Schulen untersagen, auch das Kreuz an der Halskette. Gleichzeitig kritisiert er das Kopftuchverbot, das der Verfassungsgerichtshof nun aufhob.

Der neue Vizebürgermeister von Wien, Christoph Wiederkehr von den liberalen „NEOS“, will darüber diskutieren, „bis zur Religionsmündigkeit mit 14 Jahren alle religiösen Zeichen an den Schulen zu untersagen“. Auf eine Frage des Nachrichtenmagazins „Profil“ bestätigte er, dass das auch für „ein Kreuz an der Halskette“ gelten müsse, „wenn es zu sehen wäre und man sich auf die Gleichbehandlung aller Anschauungen einigt“. Auf Twitter meinte Wiederkehr am Sonntag, er finde es „befremdlich“, dass ÖVP-Politiker „das einseitige Kopftuchverbot verteidigen“.

Ledóchowski kritisiert NEOS-Chef

Gewalt, Diskriminierung und Rassismus gehörten offenbar zum Alltag in Österreichs Schulen.

Obwohl sie bei der Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober nur 7,47 Prozent errang und damit auf dem fünften Platz landete, ist die liberale Partei „NEOS“ seit einigen Wochen als Juniorpartner in einer Koalitionsregierung mit der SPÖ. Der Wiener NEOS-Spitzenkandidat Wiederkehr wurde Vizebürgermeister.

Gegenüber der „Tagespost“ kritisiert der „Bereichssprecher für Christdemokratie“ in der Wiener ÖVP, Jan Ledóchowski, den Vizebürgermeister: „Das Kreuz in Schulen sogar als Halsschmuck zu verbieten, ist eine erschreckend linke Forderung. Darüber hinaus entlarvt sie ein Selbstverständnis der österreichischen Kultur und Tradition, in dem das Christentum keinen Platz mehr haben darf. Das lehne ich zutiefst ab, und es wäre gerade angesichts des politischen Islams das völlig falsche Signal.“

Kopftuchverbot an Volksschulen aufgehoben
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in Wien hob am Freitagnachmittag das Kopftuchverbot an Volksschulen auf. Die damalige ÖVP/FPÖ-Regierung hatte für Schülerinnen bis zum 10. Lebensjahr das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist, untersagt. Der VfGH hob dieses Verbot mit Verweis auf den Gleichheitsgrundsatz nun auf. „Eine Regelung, die bloß eine bestimmte Gruppe von Schülerinnen trifft, und zur Sicherung von religiöser und weltanschaulicher Neutralität sowie Gleichstellung der Geschlechter selektiv bleibt, verfehlt ihr Regelungsziel und ist unsachlich“, so der VfGH. Die Richter sahen einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz „in Verbindung mit dem Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit“.  DT/sba